Der Iran
Derzeit habe ich das Glück, die Kläranlage Teheran Süd mit einer Größe von 2,1 Mio. Einwohnern zu beraten. Die 2te Phase des Ausbaus der Kläranlage befindet sich gerade in der Inbetriebnahmephase. Die dritte Phase im Bau. Damit werden wir ueber eine Reinigungskapazität für 4,5 Mio. Einwohner verfügen und dann wird die Kläranlage Teheran zu den 10 größten Kläranlagen weltweit zählen.
In Teheran leben geschätzt 7 Mio. Menschen. Derzeit haben wir eine Anschlusskapazität von ca. 40%
Teheran.
Das ist erst mal das reine Chaos.
Es beginnt mit dem Flughafen.
Visa on Arrival.
Das heißt,- Anstehen an dem Visumschalter.
Nein nicht in einer Warteschlange, sondern die Mitarbeiter essen gerade ein Eis.
Was sie ja irgendwie sympathisch macht.
Die eigentliche Migration ist dann unkompliziert und freundlich.
Ein besonderes Erlebnis dabei: Einige ältere Damen drängelten am Schalter nach vorn. Dies stieß nicht gerade auf die Begeisterung der Mitreisenden. Kurzerhand brachte ein Servicemitarbeiter einige Rollstühle, setzte die Damen in diese Stühle (unter den Augen aller Reisenden) und schob die jetzt „disabled Person“ vor die Warteschlange!
Dies wurde lautstark von dem dort wartenden arabischen Sheikh abgewehrt.
Dachte er.
Nachdem er, auch nach gutem Zureden, nicht leiser wurde, stiegt einer der Persischen Zollbeamten aus seiner Kabine und konfiszierte kurzerhand seinen Pass. Dieses brachte den guten Mann dann doch recht schnell zur Ruhe. (Zur Information: Die Iraner sind Perser und möchten nicht mit Arabern verwechselt werden).
Perfekte Reaktion der Ordnungskräfte würde ich sagen. Traurig guckte das ehemalige Familienoberhaupt nun seiner Familie hinterher. (Von der anderen Seite der Grenze).
Nachdem ich nun den Flughafen verlassen konnte, erwartete mich, der schon aus früheren Besuchen bekannte, Taxifahrer.
Und damit sind wir mittendrin im Chaos.
Gefühlt haben wir ca. jeden Kilometer drei Unfälle.
Also, wer sich über zunehmende Aggression auf deutschen Autobahnen bedroht fühlt, sollte eine Entspannungstherapie im Teheraner Stadtverkehr genießen. (Siehe auch dazu den Kinofilm Taxi Teheran).
Da wird gedrängelt, gehupt, geschoben auf das es die reine Freude ist. Selbst in die kleinste Lücke im Verkehr wird sich hinein gedrängelt. Auch wenn dafür der Gegenverkehr mal warten muss. Wenn wirklich rein gar nichts mehr geht, passt immer noch ein Motorrad dazwischen.
Theoretisch besteht eine Helmpflicht. Aber wer will die Millionen Motorradfahrer stoppen?
Die Verkehrspolizisten, in Ihren schicken weißen Uniformen, haben andere Dinge zu regeln.
Hat man den Verkehr überlebt erwartet einen das Hotel.
In meinem Fall, das 5 * Ferdowsi Hotel im Süden Teherans gelegen. Das günstig gelegene Hotel befindet sich in fußläufiger Entfernung zum großen Basar, dem Golestan Palace, und der Deutschen Botschaft.
Die Zimmer sind, -- eine Art Orientalische Kunstausstellung..
Das ist fast schon Kunst.
Ein riesiges hölzernes Bett dominiert den Raum. Eine Art Rundbogen umspannt der Rahmen des Betts vom Fußende bis ganz nach oben hinauf, -zu einer Art Baldachin. In kantigem braunem Holz gehalten, ist das ganze Essample, -nun ja, halt dominant.
Einkaufen und Sicherheit
Zurück auf der Straße, empfängt einen dann ein Gemisch aus Hitze, Staub und vielen, vielen Menschen.
Das garantiert schöne Wetter lockt die Menschen auf die Straße.
Im Basar wimmeln die Einheimischen bei Ihren Einkäufen.
Dieser Basar ist bunt und überraschend gut strukturiert. Er gleicht so gar nicht den Bildern der Arabischen Basare (Wir sind hier in Persien!).
Es ist alles nach Waren geordnet. Wenn man also einen Anzug haben möchte, geht man in die Schneiderstrasse. Bei Schuhen dementsprechend, halt in die Schuhstrasse. Bei Motorradersatzteilen verhält es sich ähnlich.
Abstrakt wird es in der Reifenstrasse.
Dort stapeln sich die schwarzen Gebilde in allen nur erdenklichen Größen und Profilen am Straßenrand. Da wird dann schon mal inmitten des laufenden Verkehrs ein Reifen gewechselt. Oder mit einer Art Sackkarre, ein meterhoher Reifenstapel von links nach recht geschoben. Natürlich ohne das der Karrenschieber sich um das Gehupe oder so etwas wie einen Fußgängerübergang scheren würde. Von Anlieferungen immer neuer Reifen per LKW, welche in der zweiten oder dritten Reihe stehen, ganz zu schweigen.
Bei dem Einkaufen meiner täglichen Lebensmittel auf dem Markt fällt mir auf, dass nicht verhandelt wird. Die Preise sind fix, man sucht aus, bezahlt und Schluss. Also keine Verhandlungen mit so stichhaltigen Argumenten wie: “Meine Kinder haben sonst nix zu essen oder die Oma liegt im Sterben“. Nix.- nur bezahlen und Ende.
Angenehm ist auch, dass es keine Händler gibt, welche einem hinterherlaufen und ungefragt Ihre Ware unter die Nase halten.
Wenn man in Teheran zu einem Tee gebeten wird, dann wird man zu einem Tee gebeten und nicht zu einem Verkaufsgespräch über Teppiche.
In dem Allgemeinen ist der Teheraner eher überrascht einen Ausländer zu sehen. Rund um die großen Hotels sind die Leute nur Touristen gewohnt.
Wenn Westler (so wie ich) allein und zu Fuß unterwegs sind, ist das eher ungewöhnlich.
Meist sind Touristen in Gruppen anzutreffen. Immer in Zeitnot hetzen sie einer roten Fahne hinterher
Vom Palast wird zur Moschee, zum Gedenkstein und zurück. Diese Menschen haben mehr von Teheran gesehen, als ich in meinen nun fast 6 Monaten hier.
Als Einzelperson ist der Einkauf in Teheran sehr angenehm.
Die Händler sind freundlich und hilfsbereit. Sobald sie merken, dass es sich, wie in meinem Fall, um einen westlichen Gast handelt, sind sie von ausgesuchter Höflichkeit. Oft bekomme ich noch zusätzliche Aufmerksamkeiten und zahlreiche Verbeugungen mit auf den Weg, -natürlich nur wenn der Geschäftsabschluss zu Ihrer Zufriedenheit abgeschlossen wurde.
Sehr viel der Händler können Englisch. Wenn nicht, findet sich meist ein anderer Kunde welcher für mich übersetzt.
Kommt mir ein Preis komisch vor, blicke ich fragend die nächste Dame an. Nickt sie, ist alles ok, schüttelt sie dagegen dezent das elegant verhüllte Haupt, lege ich die Ware mehr oder weniger unauffällig zurück.
Embargo
Das Wirtschafts- Embargo hat auf den Straßen Teherans deutliche Spuren hinterlassen.
Zwar sind die Märkte voll mit allen erdenklichen Waren.
Das Embargo ist eigentlich eher ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die Ostasiatischen Märkte.
All die schönen Produkte unserer fernöstlichen Freunde sind hier zu finden.
Wann wacht die westliche Welt eigentlich auf und erkennt, dass die Asiaten inzwischen den Weltmarkt mit Produkten überschwemmen?
An den Fahrzeugen auf der Straße ist die Jahrzehnte-lange Blockade des Westens deutlich zu erkennen.
Peugeot und Iran Khodro, ein Iranisches Fahrzeug, dominieren die Straßen. Nur vereinzelt sind Mercedes oder andere Fahrzeugtypen zu sehen.
VW, BMW, Audi so gut wie gar nicht. Der weltweite Vormarsch der fleißigen Koreanischen Autobauer ist anscheinend auch hier nicht aufzuhalten. Wenn neue Autos zu sehen sind, dann beherrschen KIA und Hyundai das Bild.
Diese Marken sind schon fast alltäglich. Dabei hätte der Opel Corsa und diverse VW Typen hier einen guten Absatzmarkt???
Bei den Nutzfahrzeugen ein anderes Bild. Die Baustellenfahrzeuge sind überwiegend noch die alten Mercedes Rundhauber, wie wir sie in Deutschland eigentlich nur noch bei der Feuerwehr zu sehen bekommen. Langstrecken LKW sind amerikanischer Bauart oder zum geringen Teil auch moderne westliche Sattelzüge von Volvo und DAF.
Die Busse haben sich in den letzten Monaten sehr geändert. Noch im Januar waren die Mercedes Busse mit den niedlichen runden und chromverzierten Scheinwerfern, eben diese Oldtimer mit den runden Windschutzscheiben, im täglichen Einsatz des Linienverkehrs. Eben genau solche Busse, wie man sie in Deutschland nur noch zu nostalgischen Rundfahrten buchen kann.
Diese werden nun zunehmen durch überlange Busse, aus mir unbekannter Fabrikation, ersetzt. Wie diese 3- gliedriegen Busse sich durch den Verkehr drängeln können, ist mir unbegreiflich!
Architektur und Wohnen
Baustellen sind allerorten zu sehen. Teheran befindet sich in einem ständigen Wandel.
In der Erwartung der Auflockerungen des Wirtschaftsembargos bereitet man sich auf die neue Zeit vor.
Neue Hochhäuser schießen wie die Pilze aus dem Boden.
Allerdings befinden wir uns in einem aktiven Erbebengebiet. Statistisch wird alle 150 Jahre ein großes Beben erwartet. Das letzte Beben war 1830 und damit 185 Jahre her. Wir warten täglich auf das nächste große Finale.
Moderne Häuser werden, im Norden der Stadt, in den Gegenden im welchen die wohlhabenden Teheraner verkehren und leben, mit einem Stahlgerüst errichtet. Die Säulenkonstruktion ist tief im Boden verankert. Mehrere Stockwerte im Untergrund ist keine Seltenheit. Der Grundwasserspiegel liegt bei ca. 40 bis 70 m.
Der Hochbau besteht aus massiven Stahlträgern welche miteinander verschraubt sind. Auch die Zimmerdecken bestehen aus Stahl oder sind zumindest Stahlverstärkt.
Der Wandausbau ist dann meist eine einfache Ziegelsteinmauer. Über die Isolation kann ich keine Aussagen treffen.
Ebenso vermisse ich des Morgens den Ruf der Muezzin. Irgendwie hatte ich gedacht, hier ständig den Gesang aus den Lautsprechern zu hören. Aber der Gesang der Geistlichen ist eher selten und nur an bestimmten Orten zu vernehmen.
Die Moscheen an sich sind oft richtige Schätze, in der ansonsten eher zweckmäßigen Bebauung Teherans.
Oft sind die Moscheen Begegnungststätten und mit geschmackvollen Fliesen von außen beklebt (meist in blauen Farbtönen).
Allerlei Muster und Motive sind dort zu erblicken, denn bildliche Gottesdarstellungen sind im Islam verboten.
Die typischen Rundkuppeln und Minarette kann man vielerorts über den Häusern Teherans erblicken.
Ansonsten erfreuen zahlreiche Parks die geplagten Bewohner der geschäftigen Großstadt. In diesen Parks wird geruht, gespielt, gelesen und gegessen. Außerdem bieten sie die seltene Gelegenheit des Kennenlernens.
Öffentliche Gebäude, mit ihren tollen imposanten Fassaden, lockern das Stadtbild auf.
Moderne Hotels und immer mehr Einkaufspassagen geben der Stadt im Norden Teherans, -ein schon fast westliches Äußeres.
Leider herrscht an fast allen Öffentlichen Gebäuden striktes Photographie Verbot. Anders als z.B. in anderen Ländern wo es ein Sport ist, Verbote unter den Augen der Behörden zu brechen, empfehle ich doch sehr, sich hier an die Auflagen zu halten. Daher besitze ich keine einzige Fotografie der Sehenswürdigkeiten. Allerding sind diese im Internet so gut bebildert, dass ich jetzt keine Verlustängste erleide.
Schule
Bei der Schulanmeldung der Kinder wird ein sogenanntes Erdbebenpaket abgegeben. In diesem sind mindestens enthalten: Essen, Trinken, eine Decke, ein Kuscheltier und Fotos der Familie.
Der Deutsche Schulträger geht davon aus, dass im Falle eines Erdbebens der Verkehr zum dem Erliegen kommt und die Eltern ihre Kinder nicht von der Schule abholen können.
Erlebt habe ich auf meinen Reisen hier in Iran, allerdings noch keinen einzigen Erdstoß. Da haben wir, in unserem Deutschen Wohnort am Niederrhein deutlich öfter Erdstöße erleben dürfen!
Ansonsten werden die Kinder hier in Teheran die Internationalen Deutschen Schule besuchen dürfen. www.dbst.ir
Reisen
Das Reisen in Iran ist recht einfach. Touristen reisen im eigenen PKW (Iran ist sehr beliebt bei den Fernreisenden) oder in Bussen.
Es existiert nahezu keine Kriminalität und man ist überall sicher hier im Land. Abgesehen vom Verkehr habe ich mich hier noch nicht in irgendeiner Weise bedroht gefühlt. Im Gegenteil, die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Wüstenbewohner wird in Iran noch gelebt. Dem Besucher aus dem fremden Land, werden stets die besten Speisen vorgesetzt.
Man sollte vorsichtig sein mit Lob, denn wenn man einen Gegenstand auffällig lobt, dann ist der Gastgeber verpflichtet, einem diesen Gegenstand zu schenken. Leider hat das bei mir bislang noch nicht funktioniert, aber ich versuche es weiter…
Auf den Reisen durch das Land erlebt man, wie unglaublich trocken die Gegend wirklich ist.
Da werden die düsteren Science Fiction Filme aus unserer Jugend wach.
Glücklicherweise hat der Iran Oel. Zur Not könnten Sie anfangen Sand zu verkaufen davon habe die hier genug!
Die Wüste beginnt unmittelbar hinter Teheran und endet eigentlich nie.
Gelegentlich sind Häuser in der Gluthitze der Wüste zu sehen. Wie ein Mensch es in diesen Betonklötzen aushalten kann, ist mir ein Rätsel.
Auf einer geschäftlichen Reise nach Estfahan werden Temperaturen von 38C gemessen und es ist Mitte September.
Zum Glück sind die Straßen hier in hervorragendem Zustand. Die erlaubten 120km/h Geschwindigkeit durchgängig gehalten werden. So ist meine Wüstendurchquerung von 420 km in ca. 4 Stunden erledigt.
Wie man in älteren Reiseberichten lesen kann, welche vor dem Bau der Straße erstellt worden sind, benötigte man für diese Reise vorher mehrere Tage auf den Wüsten Pisten.
Im Allgemeinen sieht man, heute in Iran, nur noch sehr wenige Geländewagen. Meist sind es Bauern auf dem Weg in die Stadt um Ihre Produkte feil zu bieten. Oder halt ... Westler.
Essen
Das Gemüse der Bauern ist frisch und lecker. Die Tomaten sing geschmackvoll.
Das Essen ist in dem Allgemeinen sehr lecker (Wenn man Reis und Brot mag).
Die Konditoreien bieten allerlei bekannte und unbekannte Kreationen an. Für den ungeübten Gaumen ist dieser Genuss meist etwas zu süß.
Oft empfinde ich die Backwaren als ungewohnt, manchmal aber macht man dort überraschend leckere „Entdeckungen“.
Fleischgerichte werden in kleine Verkaufsständen angeboten. Allgemein wird diese Art der Restaurants auch hier in Iran als Fast Food bezeichnet. Kebab ist das Nationalgericht der Perser und es wird meist mit Reis gereicht.
Die Herkunft des Fleisches variiert mit den persönlichen Vorlieben. Hähnchen und Hammel sind die wohl bekanntesten Variationen.
Und angebrannte gegrillte Tomaten.
Tomaten sind irgendwie bei jedem Essen dabei?! Beim Kebab sind die Tomaten folgerichtig gegrillt. Aber so, dass man die Liebe des Grills an der Tomate ablesen kann.
Eigentlich hatte ich bislang noch keine Gelegenheit Schweinefleisch zu vermissen.
Das Lamm ist sehr zart und besitzt nicht diesen penetranten Nachgeschmack, welchen wir in Deutschland oft mit dem Genuss dieser Fleischsorte verbinden.
Der Genuss von Alkohol ist natürlich verboten.
Der Genuss von Bier aber nicht!
Daher wird dieses Getränk an allen Kiosken oder in den Hotels, in allen denkbaren Varianten angeboten.
Haben Sie schon einmal Bier mit Traubenaroma probiert? Oder Apfelflafour?
Ich schon!
Deutsche Biere sind mit Holsten und Jever am Markt vertreten.
Dass die Biere keinen Alkohol besitzen, schmeckt man erst nach dem zweiten Schluck heraus.
Soweit mein ersten Eindrücke hier aus dem Iran.
Es grüßt Euch
Oliver Stuckert
Wo auch immer Ihr gerade seid.
Teheran, Iran am 17.09.2015