Mit dem Fahrrad mal eben nach Frankfurt

 

Schon länger beschäftigt mich der Gedanke mal eine längere Fahrradtour zu unternehmen.

Allein die Zeit in Deutschland ist sehr knapp bemessen. Die meisten wissen es ja, dass wir nun schon seit 5 Jahren in Jordanien arbeiten und leben dürfen. In Jordanien arbeite ich für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Letztes Jahr hatte ich das Geld für ein Reiserad mühsam zusammengespart. Dann kamen (wie so oft) einige unerwartet Ausgaben und das Ersparte rauschte den Bach runter  

Ich beobachte den Fahrradmarkt für Reiseräder schon lange. Velotraum oder Böttcher sind mir zu kostspielig. 

Das Centurion ist bei der Preisklasse nicht mit hochwertigen Komponenten ausgestattet. 

Aber ich wollte eigentlich schon immer den Klassiker von Koga fahren. Leider ist der World Traveller in Deutschland ausverkauft. 

Auf EBAY war ein gebrauchtes Exemplare verfügbar welches aber den Neupreis überstieg! Trotzdem war das Rad am nächsten Tag bereits aus dem Portal mit "Verkauft" verschwunden. 

Als dann auf https://www.fitstore24.com/ das Rad verfügbar war, in der richtigen Rahmengröße und Ausstattung, hatte ich mein Erspartes endlich zusammen.

E-Bike oder Klassiker?

So alt bin ich doch noch nicht. - E- Bike ist was für Rentner. - Zu viel Gewicht. - Zu kompliziert für Langstrecken. - Zu teuer…

Aber ich hasse Gegenwind.

Ich fahre seit Kindesbeinen an Fahrrad, mal mehr mal weniger, je nach Wohnsituation und Einsatzland. Bei dem letzten Urlaub im Holländischen fuhren wir mit dem Fahrrad um eine kleine Insel herum. Auf dem Rückweg blies uns der Wind stark in das Gesicht und alle Emotionen meiner Kindheit kamen hoch. 

Das stundenlange Radfahren nach dem Rudertraining, zurück nach Hause mit Gegenwind, hatte wohl einen größeren Eindruck bei mir hinterlassen.

Also dieses Mal mit eingebautem Rückenwind -> es soll ein E Bike werden.

https://www.koga.com/de/fahrrader/reiserad/e-worldtraveller?frame=H

Da ich im Sommer eine Tagung in Frankfurt hatte, stand der Termin und das Ziel schnell fest.

Die Route sollte entlang der Weser, Fulda, Lahn, Rhein und Main entlangführen.

Unser Sohn ist noch mit Terminen an der Uni beschäftigt und Frau und Tochter waren eine Freundin in Schweden besuchen.

Daher hatte ich Zeit.


Nach Google Recherche sind es ca. 600 km was in 5 Tagen zu schaffen ist.


Abreise:

Am Montag hatte ich Mittags meinen letzten Termin beendet. Warum warten, das Wetter passt und ich bin ungeduldig.

Also bepackte ich das fabrikneue Fahrrad, mit welchem ich gerade mal einige wenige Probefahrten unternommen hatte, mit meinem Zeug. Dabei stellte sich heraus, dass meine Term-A-Rest- Matratze zusammen mit dem wasserdichten Schlafsack (bis – 24°C ) ein mülleimergroßes Packmaß besitzt.

Das passte nicht quer und nicht längst aufs Rad. Zumal eine Packtasche voll war mit Laptop, Tablet und Ordner sowie mit einem regentauglichem Verlängerungskabel?!. Die beiden vorderen Taschen waren mit Hosen und Hemden für die Tagung voll. Die letzte Tasche beförderte mein Essen, da ja der Kühlschrank leer zu räumen war. Meine Gummischuhe fanden jetzt schon keinen Platz mehr in den Taschen, aber was solls, als Fernreisender kann ich die ja außen anhängen! 

Abfahrt Montag (Mittellandkanal und Weser)

 

Also fuhr ich mit dem vollgepackten Gefährt in Bad Eilsen los.

Erster Stopp in Rusbend am Ruderhaus.


Dem Mittellandkanal folgend bis nach Minden.

Leider trügte mich meine Erinnerung und der Weg am Kanal entlang ist nicht so toll für Räder mit Gepäck geeignet. 

Ich fuhr am linken Kanalufer entlang, von Hannover kommend. 

Leider war das keine gute Entscheidung, denn kurz vor Minden fand ich mich auf einem Hafengelände wieder. Durchfahrt ist nicht nur verboten, sondern auch nicht möglich. -  I try.

Zurück auf dem Weg erspähe ich eine Abkürzung. 

Quer über eine Wiese. - Ich habe ja einen World Traveller jubilierte ich innerlich und fuhr die nasse Wiese herab. 

Nur um baldig festzustellen, dass ist keine Wiese, sondern ein versandeter Graben!

Fahren unmöglich; schieben ist angesagt und die Straße, zu welcher ich wollte, ist durch eine Mauer von der Wiese getrennt. 

Also alles zurück und die steile Wiese hoch, auf nassem Untergrund, um den eigentlichen Weg wieder zu finden.

Natürlich meldete sich mein linkes Fußgelenk, welches ich bis dahin als intakt erachtet hatte.

Den Rest des Weges bis Minden fuhr ich dann nach Google!



Wasserstraßenkreuz Minden.

Angekommen am Wasserkreuz fuhr ich über die Pumpstation (Ruderverein Bessel) an den Kanal.

Am rechten Weg war eine Baustelle, also den linken steilen Weg hoch. Tatsächlich, die E-Bike Unterstützung „Sport“ trägt mich den Berg hoch.

Oben stellt sich heraus, dass dieselbe Baustelle mir auch hier den Weg komplett versperrt, zum Wasser Straßen Kreuz

Also durfte ich wieder runter, um den anderen Weg (durch die Baustelle) hochzufahren 😊. Immerhin die Bremsen halten!



Von Minden aus, folge ich dem Weserradweg Richtung Porta. Hier mein erster Zeltplatz in Vlotho.


Mal bemerke ich das rechte Knie, mal den linken Fuß (neu?) dann den Popo. Was soll es, denke ich, ist ja der erste Tag und ich habe ja nicht wirklich trainiert auf dem Rad. Daheim in Jordanien habe ich einen X-Cross Trainer, welchen ich regelmäßig malträtiere. Kondition ist da aber halt eine andere Belastung.

Der Weg von Minden nach Bad Oeynhausen ist idyllisch und gut zu fahren, immer an der Weser lang. 

Ich finde Orte wieder, an welchen wir schon gepaddelt sind. 

Die Autobahnbrücke bei Porta ist ein sprichwörtliches High Light, denn die Anfahrt ist ordentlich steil! 

Aber, wer kann schon von sich behaupten mit dem Rad auf der Autobahn (ok auf dem Radweg neben der Autobahn) gefahren zu sein!

Bald bin ich in Bad Oeynhausen

Hier ist ein Decathlon (im Werre Park) und ich bin ja ohne Schlafsack und Luftmatratze losgefahren. 

Jetzt erst merke ich, dass ich nicht von dem vollgepackten Bike absteigen kann. 

Durch die ungewohnte Bewegung bin ich wohl etwas wackelig auf den Beinen. Das Fahrrad ist fast gestürzt, da ich bei dem Absteigen mit dem Bein am Gepäck hängen geblieben bin.

Etwas unangenehm die Nummer, da ich ja super professionell rüberkommen wollte, so als Langzeit Radler und so. 

In meinen Radlerhosen (mit dem Sitzpolster, welches mir wie ein Windelpaket zwischen den Beinen hängt) komme ich mir eh etwas komisch vor.

Im Internet war zu lesen, dass die Radlerhose eng ausfällt und man solle eine Nummer Größer nehmen, was dann offensichtlich in meinem Falle nicht sooo ganz stimmt! 

Glücklicherweise entdecke ich den Decathlon und konnte einen Leichtgewicht Schlafsack und eine selbst aufblasbare Matratze erwerben. 

Da ich ja kein Platz mehr hatte, in den Taschen, musste ein wasserdichter Packsack ebenfalls erworben werden. 

Hier entschied ich mich für einen poppigen orangen Sack statt für den langweiligen blauen welcher wahrscheinlich deutlich besser geeignet gewesen wäre. 

Aber das Auge fährt halt mit. Nach der automatischen Kasse versuchte ich meine Errungenschaften in den plötzlich viel zu kleinen orangen Packsack zu zwängen. Passte gerade so, der blaue wäre wohl doch besser gewesen?

Zurück auf dem Radweg strampelte ich munter Rinteln entgegen.

Mittlerweile war es Nachmittag und ich stellte fest, dass ich eigentlich keine Lust mehr hatte zum Radfahren. 

In Vlotho lockte ein Campingplatz und ich entschied mich dort zu bleiben. Hatte ja den halben Tag dazu gewonnen, da ich ja schon heute am Montag losgefahren bin.

Dazugelernt, rollte ich an einen hohen Bordstein heran und stieg mit einem Bein auf dem Bordstein balancierend vom Rad. Nach der Anmeldung schob ich das Rad besser zum Zeltplatz, um mir die Blöße zu ersparen und mit dem Rad umzufallen.  

Das Leichtgewichtszelt besaß ich schon länger, konnte es bis dahin aber noch nie aufbauen. Glücklicherweise ließ sich das Zelt in minutenschnelle zusammenstecken und ich konnte die ebenfalls neuen Matratze und Schlafsack auspacken. 


- Prämiere geklappt.

Essen hatte ich ja genug mit. 

Zur Erinnerung, der Kühlschranke musste ja leer gemacht werden. 

Später schlich ich mich auf immer noch wackeligen Beinen zum Weserufer herunter und machte Beweisfotos. 

Damit beendete ich den ersten Tag und ich kroch dankbar in mein Zelt.


Abends an der Weser



Morgennebel an der Weser bei Vlotho


Dienstag der 2te Tag an der Weser entlang.

 Leider konnte ich nicht so früh aufbrechen wie erhofft, da das Zelt außen vom Nebel feucht war.

Sobald es mir möglich war packte ich zusammen. Erstaunlicherweise passte alles in die Taschen, nur die grüne Folie, welche ich unter das Zelt gelegt habe, war nass. So rollte ich diese zu einem Bündel zusammen und quetsche sie von außen an die Packsäcke. Dafür waren jetzt die Gummischuhe im Packsack verstaut.

Auf den kommenden Abschnitt des Radweges hatte ich mich besonders gefreut. Da ich diesen Teil der Weser vom Paddeln gut kenne. Der Radweg folgt immer dicht an der Weser entlang. 

Allerdings ersparte ich mir den Umweg über den Doktorsee und blieb auf der anderen Seite. Bald schon erreichte ich Rinteln. Da es noch zu früh war zum Pausieren und ich noch immer viel zu viel Essen bei mir führte, ließ ich Rinteln rechts liegen.

Nach ein wenig gestrampelt erreicht ich Großenwieden. Eigentlich wollte ich hier Pause machen am Schleusenhaus, aber es war noch nicht geöffnet. So konnte ich an einer Bank mein Balanceakt vollziehen (Absteigen ohne Umzufallen), setzte mich zu einer kleinen Pause auf die Bank und futterte (statt leckerem Kuchen, welcher am Fährhaus verkauft wird) einen mitgebrachten Müsliriegel.


 Fähre Großenwieden

 

Mein nächstes Ziel sollte Hameln sein. 

Immer an der Weser entlang: mal an der Straße, mal idyllisch einsam, erreichte ich Hameln gegen Mittag. 

Genauso abwechselnd wie der Radweg waren meine Schmerzen: mal im Knie rechts, Knie links, dann am linken Fußgelenk (jetzt nicht mehr neu) oder am Po. Aber es war ja auch erst der 2te Tag. 

In Hameln angelangt, runter vom Radweg, welcher der Weser folgend an der schönen Altstadt vorbeigeführt hätte. 

Da ich in der Nacht sehr gefroren habe, wollte ich gern eine Fliesdecke kaufen. 

Das frieren in der Nacht hörte erst auf, nachdem ich meine Radfahrklamotten mitten in der Nacht angezogen habe, wozu hatte ich schließlich eine lange Thermo-Radhose bei mir?  

Zusätzlich habe ich festgestellt, dass ich kein Handtuch bei mir habe

Deshalb fuhr ich in Hameln in die Innenstadt.

Am Marktplatz gönnte ich mir einen Kaffee aus einer Bäckerei. Auf Kuchen und Gebäck konnte ich verzichten, denn die Packtasche war noch immer voll.

Leider konnte ich keine Fließdecke kaufen aber dafür ein winziges leichtes Handtuch. Das muss jetzt reichen, denn für mehr habe ich keinen Platz.

Unterwegs konnte ich schöne Fotos machen, von der Weser und dem Radweg


Als nächstes Ziel hatte ich mir Polle ausgesucht, aber auch hier war ich viel zu früh.


Auch mancher Imbiss unterwegs, welchen ich zuvor auf Reportagen oder in YouTube Reiseberichten gesehen hatte, waren nicht geöffnet oder ich war zu früh. Ist aber irgendwie witzig, dass es die wirklich gibt! 

Sogar die Holländer Mühle konnte ich identifizieren, war aber auch noch nicht offen. 

Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, dass ich an einem der Imbisse Wurst und Kartoffelsalat bestelle, denn das Rezept darf ja nicht geändert werden 😊

Aber Ihr wisst es schon, der Packsack war voll und ich wollte ja Kalorien verlieren und nicht unterwegs finden. Daher ließ ich alle Verführungen links oder rechts liegen.

Gegen Nachmittag fing ich mit der Suche nach einem Campingplatz an. Natürlich ist dann keiner in der Nähe, wenn man einen benötigt. Also Google fragen und den kryptischen Anweisungen folgen. 

Tatsächlich erreichte ich bald darauf einen geeigneten Platz. Dieser lag zwar nicht direkt an der Weser, sondern es ist eine Marina mit angeschlossenen Camping- und Stellplatz.  

Nachdem ich das Zelt stehen hatte, ruhte ich mich erstmal kurz in diesem aus. 

So verschlief ich die nächsten 2 Stunden. Aufgewacht bin ich, als ich quasi im eigenen Saft gegart wurde.

 Tagsüber war ja ordentlich Sonne und ich hatte natürlich keine Sonnencreme mit. Im geschlossenen Zelt wird es auch recht schnell warm. 

Glücklicherweise konnte ich noch ausgiebig duschen und mein neues leichtes Handtuch einweihen. 

Den restlichen Abend verbrachte ich am Wasser, die Campingnachbarn studieren und lesen. Ich hatte ja auch noch das E-Book mit. Insgesamt eine sehr angenehme Nachtruhe mit Schnarchen aus dem Nachbarzelt, Frösche quaken und Grillen zirpen.

Mittwoch Tag 3 der Radreise (Weser und Fulda)

 Des Morgens dasselbe Spiel. Das Zelt war noch nass vom Morgentau. 

Also trödelte ich herum bis ich mich entscheide die restliche Feuchtigkeit zu ignorieren und das Zelt am Abend trocken zu lassen. 

Die Folie hatte sich bewährt und das Zelt war zumindest sauber und trocken von unten. Die Folie selber war natürlich nass, so dass diese wiederum außen am Rad transportiert werden musste.

Auf dem Radweg zurück, stellte ich bald fest, dass dieser immer an der Straße entlangführte. Jenes ist nicht nur langweilig, sondern auch auch ziemlich laut. 

Da ja bekanntlich die andere Seite des Zauns immer grüner ist, suchte ich mir die nächste Fähre und wechselte zum anderen Ufer.


Weser Fähre

Das war auf jeden Fall eine gute Entscheidung, denn nun führte mich der Radweg immer im „Grünen“ oder durch kleine Städte und Dörfer. Die Fähre selber war überraschend teuer, hatte ich doch eher 50 Pfennig erwartet. Ist wohl doch schon länger her, dass ich mal mit einer Fähre gefahren bin?

Bald darauf erreichte ich Hann Münden und damit das Ende des Weser Radweges. Zur Feier des Tages gönnte ich mir den Umweg durch die Altstadt von Hann Münden. Am Marktplatz fand ich ein Café (jetzt nur noch eine freie Bank zum Absteigen finden). 

Dort würdevoll herunter vom Rad an einer passende Gelegenheit abgestiegen und das Rad zurück zum Café geschoben, als wenn das so sein müsste. 

Die Altstadt ist wirklich sehenswert. Auch hier verzichtete ich auf einen Imbiss. So langsam dämmerte mir, dass ich evtl. ein bisschen zu viel Essen mitgenommen hatte?! Auch in Hann Münden fand ich keine Decke, wolle aber jetzt auch keine mehr. Irgendwie passte jetzt alles in die Packsäcke und das konnte ich nicht leichtfertig auf das Spiel setzten.

Zum Anschluss des Weser Radweges muss Mann*Frau and den Weserstein. Natürlich nicht ohne vorher den einen oder anderen Umweg gefahren zu sein. So führt von der Altstadt zum Stein eine wacklige Hängebrücke. Leider ist es unmöglich mit dem Rad diese zu überqueren. Der Weserstein liegt auf einer Art Insel zwischen Weser, Werra und Fulda . Um diesen zu erreichen, kann man der Ausschilderung folgen - oder eben Google. 

Sagen wir mal so, die Schilder wären besser gewesen. Denn über die Fußgängerbrücke konnte ich nämlich noch immer nicht <- Danke Google.

Der Anfang (oder in meinem Fall das Ende) vom Weser Radweg


Weserstein in Hann Münden.


Von Han Münden aus hatte ich geplant der Fulda bis nach Kassel zu folgen. ICh wusste aber nicht ob das umsetzbar ist, da Kassel ja bekanntermaßen recht hügelig ist.

Um es kurz zu machen, die Fulda und der Fuldaradweg ist ein Traum. Der Radweg führt meist direkt am Bach entlang und führt nur selten an einer wenig befahrenden Landstraße entlang.

Fulda Radweg.

Allzu schnell war ich in Kassel. Die Documenta 2022 hebe ich mir für einen späteren Besuch auf. An der Fulda entlang ziehen sich Schwimmbäder, Rudervereine und eben der Radweg. 

Endlich verlasse ich Kassel und befinde mich auf dem Weg nach Fritzlar. Diesen wunderschönen Ort habe ich vor langer Zeit mal besichtigen dürfen. In der Erinnerung geblieben sind mir nicht nur der denkmalgeschützte Ortskern und die ringförmige Stadtmauer, sondern auch, dass ich dort in einer 30ger Zone unverschuldet geblitzt wurde.

Das kann mir mit dem Rad ja nicht passieren. Also folge ich einem Radweg und befinde mich bald auf einer endlos langen und sehr geraden Bundesstraße wieder. Immerhin geht diese bergab und ich kann „Kilometer machen“.

Um Fritzlar zu besichtigen bin ich zu müde und ich suche mal wieder einen Campingplatz. Google folgend ist der nächste im Wald versteckt und ca 15 km entfernt. 

Was solls, ich bin zwar müde und es tut alles weh, aber ich habe noch genug Strom im Akku. Also stelle ich die Unterstützung auf „Tour“ und fahre die letzten 15 km zum Platz. Dort kann ich schnell das Zelt aufbauen, den Akku laden und duschen.  Auf dem Rückweg zum Zelt quatsche ich einen Holländer an, welcher mit einem winzigen Wohnwagen unterwegs ist. Wir kommen ins Gespräch und verbringen eine gesellige Stunde zusammen.

 In dieser Nacht regnete es ununterbrochen. Das Zelt ist dicht, die Folie hält die Feuchtigkeit vom Untergrund fern und ich lies mich durch die Melodie der Regentropfen in den Schlaf singen. Diese Nacht schlafe ich durch und wache erholt am Morgen auf.

 

Donnerstag, der 4. Reisetag (Lahn)

 Am Morgen einpacken, sich vom netten Holländer verabschieden, den Pfand und den Schlüssel am Platzwart abgeben und ich bin wieder unterwegs. Da das mit dem Zelttrocken recht gut geklappt hat, mach ich es an diesem Tag genauso. Darauf zu warten, dass das Zelt und die Plane von alleine trocken ist eher unwahrscheinlich. Denn es hat ja gut geregnet in der Nacht.

Direkt hinter dem Campingplatz befindet sich ein Rasenbauernhof. Beeindruckend wie glatt der Rasen ist und wie dieser als Rollrasen geerntet wird.

Ich radle zurück nach Fritzlar, bestaune die krummen Gassen und die schiefen Häuser. Noch kein Kaffee an diesem Morgen. Das hebe ich mir für Marburg auf.

Herauszufinden ist nicht so einfach aus Fritzlar und nach einer Ehrenrunde folge ich halb Google und halb einem Radweg. Bald schon finde ich mich auf der freien Wiese wieder und habe das Gefühl im Kreis zu fahren. Immerhin nimmt die Entfernung nach Marburg auf Google ab?!

Allerlei interessante Bauwerke sind in Fritzlar zu bestaunen. Eine Stadtführung lohnt sich.


Endlich aus Fritzlar herausgefunden, führt mich mein Weg berghoch und bergab. Mal auf der Straße, mal auf einem Radweg. Immer wieder kreuzt der Hessen- Rund Radweg meinen Weg obwohl dieser meiner Recherche nach in eine ganz andere Richtung führt! Trotzdem bin ich mal begeistert von der schönen Hessischen Landschaft und mal genervt von der Wegeführung des Radweges. Bei diesem habe ich das Gefühl, dass dieser ständig nur im Kreis herum führt. Daher kürze ich immer mal wieder über eine Landstraße ab.

Besonders nachdem der Rund-RAD-Weg mich quer über einen verwurzelten Schotterweg durch einen Wald hoch und runter führt. Mit meinem Gepäck jetzt nicht soo lustig. Wäre bestimmt ein toller Wanderweg!


Lahn Rad Weg


Irgendwann erreiche ich Marburg an der Lahn.


Ich bin zu „müde“ um in Marburg die Stadt zu besichtigen.

So radele ich weiter auf dem Radweg, an der Stadt vorbei, in Richtung Gießen.
 Auch Gießen lasse ich links liegen (oder eher am rechten Lahn-Ufer). Jetzt bin ich nur noch an einem Campingplatz interessiert.

Google hilft auch hier weiter, bald schon stehe ich vor der verschlossenen Schranke eines Campingplatzes. Glücklicherweise kann ich über die ausgehängte Telefonnummer den Besitzer erreichen und danach darf ich mir einen schönen Übernachtungsplatz aussuchen. Ist schon toll, wenn man die Landessprache spricht!

Nachdem das Zelt aufgebaut war konnte es schon mal trocknen und ich unterhielt mich mit zwei Radfahrern nebenan. Als ein weiterer Kollege schwerbepackt, mit frischem Einkauf, zurückkam und bemerkte, dass der Dorfladen um 18:00 Uhr zumachen würde. 

Damit blieben mir gerade 10 Min. 

Ich hatte zwar noch immer genug zu essen, wollte aber dann doch den Abend nicht mit Leitungswasser beenden. Also auf wackeligen Beinen, zum Laden "gespurtet". Kurz nach 6 dort angekommen ließ man mich noch kaltes Sprudelwasser und ein weiteres Getränk kaufen. Essen kaufen; - brauchte ich ja noch immer nicht.

Ich hatte unterwegs angefangen, mich durch allerlei bunte Getränke zu probieren. Auf diese verzichte ich im Alltag normalerweise aber so unterwegs, warum nicht? Durch meine zusätzlichen Getränkehalter konnte ich 3 Literflaschen transportieren. Normalerweise waren diese Getränke allerdings bereits nach kurzer Zeit ausgetrunken.

Diese Nacht regnete es -> mal wieder. Und dementsprechend war es kalt.

Hatte ich erwähnt, dass mal mein Knie wehtat, dann der Fuß, oder das andere Knie und auch schon mal der Popo?

Hinzu kamen jetzt beide Handgelenke, da ich ja auf den Lenker abgestützt fuhr.

Ich hatte mir zur Angewohnheit gemacht, eine Stunde zu fahren und dann auf einer Bank eine Pause einzulegen. Nach einer kurzen Pause konnte ich dann eine weitere Stunde fahren. Schon auf der vorherigen Etappe war ich mir sicher, dass ich morgen einen kurzen Tag einlegen würde. Als ich dann komplett einregnete, buchte ich noch in der Nacht kurzerhand über Booking ein Hotel in Weilburg für den nächsten Abend.

 

Freitag Tag 5 der Tortour (Lahn)

 Eigentlich sollte es nur eine kurze Etappe werden, auf dem Lahnradweg.

Aber wie so oft führt der Weg nicht direkt zum Ziel. Nach ca 80 Km erreichte ich dann endlich Weilburg. 

Es war zwar erst kurz nach 13 :00 Uhr, aber man lies mich aber dennoch schon auf das Zimmer.


Immer im Kreis auf dem Lahn Tal Radweg. Hier durfte ich mitten auf dem Feld vor einer geschlossenen Schranke warten. Das drohende Gewitter im Nacken. Würde ich es trocken bis Weilburg schaffen? –> Natürlich nicht 😊.

Der Weg führte mich heute durch das berühmt berüchtigte Waldstück. Aus meiner Richtung kommen ist es gut zu meistern. Andersherum führt der Weg nach einem engen 90° Bogen direkt steil nach oben. Damit fehlt der Schwung und selbst erfahrenen Radfahrer müssen schieben.

Im Hotel angekommen schälte ich mich aus den nassen Sachen, welche ich zusammen mit mir unter der Dusche wasche. Direkt danach lies ich mich in das Bett fallen und schloss nur kurz die Augen.

Später um 5 :00 Uhr! besichtiget ich die Stadt Weilburg und den einzigen Schiffstunnel Deutschlands.

Schiffstunnel in Weilburg

 

Während des Radfahrens habe ich so meine Verlustängste. Ich wollte nicht nur unbedingt die Erlebnisse mit meiner Familie teilen, daher auch jede Menge Fotos, sondern ich wollte unbedingt ein überbackenes Gyros essen. Das haben wir hier nicht in Jordanien.

Also da ich ja nun genug Zeit hatte, ausgeschlafen war und auf Stadtbesichtigung, suchte ich mir ein passendes Restaurant. Gegenüber dem Schloss konnte ich schon mal einen leckeren Kaffee trinken. 

Mit Anbindung an die örtliche Bevölkerung. 

Gegenüber turnten Gerüstbauer in geschätzt 20 Meter Höhe und bauten ein Maler- Gerüst auf. Also lassen Sie es mich so ausdrücken: ein Hochseilakt im Zirkus ist langweilig dagegen. Diese Akrobaten führten immerhin dazu, dass die Gäste, über alle Tische hinweg, die Aktionen bewerteten. Als ehemaliger Sicherheitsbeauftragter mit zahlreichen Schulungen zu dem Thema Höhensicherung musste ich mir mehrfach auf die Zungen beißen, um mich jeglicher Fach- Kommentare zu enthalten! Hat auch fast geklappt.

Auf diesem Gerüst turnten die Gerüstbauer


Garten Schloss Weilburg


Meine Besichtigung fortsetzten, besuchte ich die Lahn und den Tunnelausgang. 

Auf unserer letzten Paddeltour auf der Lahn durften wir auf der Insel gegenüber kostenlos übernachten. 

Ok ist ein paar Jahre her.

Schiffstunnel mit Doppelschleuse Weilburg.

 

Aber mein Gyros hatte ich noch immer nicht gefunden. Mein Smartphone lies mich am Internet Wissen teilhaben, welches gerade meinem Hotel empfahl (ein ehemaliger und umgebauter Bahnhof) da dort das Essen sehr gut sein soll. Zurück vom Schloss zum Hotel Bahnhof durfte ich einen öffentlichen gläsernen Fahrstuhl benutzen!

Da ich ja bislang noch kein zusätzliches Geld für Essen ausgegeben habe, außer für bunte Getränke und Müsliriegel, wollte ich mir nun ein Abendessen gönnen. Gegenüber dem Bahnhof war zwar eine Dönerbude (hätten wohl Gyros  gehabt) doch ich möchte nicht mehr in den billigsten Läden essen, zumal das Essen ja mein Abendprogramm sein sollte.

Im; besser vor dem Restaurant, mehr oder wenigen auf dem Bahnsteig sitzend, fragte ich die nette Kellnerin nach Ihrem persönlichen Favoriten. Wer fragt bekommt antworten, also bestellte ich nun ein Spinat Fisch Reis Teller. Was ziemlich lecker war und wahrscheinlich auch gesund. Die Wartezeit zu überbrücken fällt nicht schwer, da man ja dem Trubel der an- und abfahrenden Züge zuschauen kann, mitsamt den dazugehörenden hin und her hetzenden Personen.

Nach dem Essen versuchte ich das Deutsche Fernsehen und mir wurde schnell bewusst nichts verpasst zu haben. 

Dieselben Serien laufen noch immer seit 2017 bei unserer Ausreise! Wir haben seit 2013 keinen Fernseher mehr, stattdessen benutzen wir AMAZON und Mediatheken.

 

Samstag Tag 6 der Radreise (Lahn und Rhein)

 Heute erwachte ich recht früh in dem ungewohnt weichen Bett. Nach dem Frühstück (leider nur Aufbackbrötchen ) Holte ich mein Fahrrad aus dem dazugehörigen Schuppen. Dieser ist im Laufe des gestrigen Tages dann doch noch recht voll geworden.

Das Gepäck ist zum Teil trocken (im Zimmer) zum Teil noch nass (auf dem Rad verblieben) So machte ich mich auf die heutige Etappe. Nun musste ich mich entscheiden, Short-Cut ab Limburg direkt nach Frankfurt oder so wie geplant über Koblenz den Rhein entlang nach Frankfurt?

Auch hatte ich die Warnung der Kollegen von Vorgestern im Ohr, dass die Baustelle auf dem Lahn- Radweg nur durch einen sehr steilen Umweg zu bewältigen sei.

Na ja, fahre jetzt erst mal los, mal sehen was kommt.

Weilburger Schloss

Auf dem Weg zur Stadt hinaus entdeckte ich jetzt auch jede Menge Supermärkte (wo waren die Gestern?) als auch manch einen schönen Blick auf das Schloss.

Nach dem Schloss folge ich einem Hinweis auf einen Aussichtspunkt. Es geht sehr steil herauf und ich darf mal wieder den E-Motor um Unterstützung bitten.


Blick von Oben auf Weilburg

 

Der Ausguck ist dann ja nicht schlecht, aber ich darf den Weg wieder zurückfahren, was mir den merkwürdigen Blick eines Jägers einbringt, welchen ich jetzt gleich mehrmals gestört habe.

Nachdem ich zurück auf den Lahn Radweg gefunden habe, führt der Weg weiter an der Lahn entlang und man kann die frühmorgendlichen Paddler, Ruderer und SUP beobachten.

In den, mal mehr mal weniger, abenteuerlich anmutenden Zeltlagern hausen einige der Gesellen am Ufer der Lahn.

Am Zustand der Zeltlager kann man abschätzen, was die Kollegen gestern Abend getrunken haben. Einer der Helden lag gar quer über dem Weg.

Radweg an der Lahn. Hier ist ein besonders schönes Stück des Weges.

Erst mal Pause und Bilder machen.

Sehr idyllisch ist dieser Lahn Abschnitt. Ich würde gern mit dem Paddelboot wiederkommen.


Über diese Brücke führte der Lahn Tal Radweg.

 

Auf der gegenüberliegenden Seite befuhr ich einen wirklich schönen Teil des Lahn Radweges.

Idyllischer Teil des Radweges. So hatte ich mir meine Tour vorgestellt!!!


Runkel mit seiner Burgruine

Dieser tolle Ort mit seiner wildromantischen Burgruine zählt definitiv zu meinen Lieblingsorten.

Auch verbinden mich schöne Erinnerungen vergangener Ruder- oder Paddeltouren mit Runkel.

Heute jedoch beschränkte ich mich auf ein Foto, rappelte über die schmale Brücke und immer weiter an der Lahn entlang.




Limburger Dom vom Wasser aus gesehen.

Viel zu schnell erreichte ich Limburg. Immerhin konnte sich der Akku bei der tollen Abfahrt und auf dem Gegenwind-freien Stück an der Lahn entlang auf ca. 60 km Reichweite erholen.

In Limburg fahre ich direkt zum Dom. Ob man das durfte habe ich nicht gefragt, jedenfalls bin ich der Straße gefolgt. 

Oben am Dom, der übliche Balanceakt des Absteigens und schnell ein Foto. Umgeben von „interessanten“ Menschen schloss ich mein Rad lieber am Zaun an. Links vom Dom ist ein schöner Aussichtspunkt, welchen ich gerne besuchen würde.


 Der Beweis, mit dem Rad bis nach Limburg


Blick von der Dom Terrasse auf das Lahntal.

 

Nun musste ich mich entscheiden wo ich weiter langradeln wollte. Ich hatte ja kein Zeitproblem, eher zu viel Zeit als zu wenig, also fahre ich weiter an der Lahn entlang. Aber jetzt erst mal den Kaffee in der Limburg Altstadt genießen.

Irgendwie kam ich nicht dazu einen Kaffee zu trinken. 

Trotzdem ist die Stadt sehr schön und ich lasse mich ein wenig treiben. Sobald ich aus der Altstadt heraus war, wurde es eher langweilig und ich suchte mir den Weg zurück zur Lahn!

Aber es kommen ja noch ein paar schöne Orte.

So würde ich stattdessen gern in Nassau oder Bad Ems eine längere Pause einlegen.

Weiter dem Radweg folgend erreichte ich bald den letzten Bahnhof vor der berüchtigten Baustelle. Natürlich ist dieser nicht als solcher gekennzeichnet. Zu erkennen ist die kommende Baustelle nur daran, dass sich hier die Tages- Radreisenden anhäufen.

Tatsächlich war der Weg denn auch vollständig gesperrt und es ging über mehrere Kilometer steil bergan. Da ich ja meinem Akku bislang geschont hatte, konnte ich in der „Sport“ Einstellung den Anstieg gut bewältigen. 

Nicht allerdings ohne ein sorgenvolles Auge auf die Reichweite des Akkus zu haben. So fahre ich normalerweise im Eco Mode. Bei Anstiegen oder Gegenwind auch schon gerne mal in „Tour“. 

Bei „ECO“ komme ich rund 100 km mit einer Ladung (500er Akku). 

Bei dem horrenden Anstieg konnte ich beobachten wie meine Akkuladung von 100 km auf 12 km (!) schrumpfte. Und ich bin ja, so gesehen, gerade erst losgefahren!!! Es lagen noch bestimmt 80 km vor mir heute!

Landschaftlich ist der Umweg allerdings äußerst lohnenswert.

Landschaftlich sehr schön hier. Aber der Aufstieg hat es in sich.


Zurück an der Lahn in einem winzigen Ort.


Blick auf das Lahn Ufer unterhalb von Limburg. Unten rechts machen sich gerade Paddler bereit für Ihre Etappe


Dieses schöne Städtchen macht einen wehrhaften Eindruck auf mich. Zumindest sollte es auf Hochwasser gut vorbereitet sein.

Nach dem Aufstieg (der Umleitung folgend) fand ich endlich die Schilder, welche zurück auf den Lahn Tal Radweg führen sollten. 

Es folgte eine schnelle Abfahrt zurück an die Lahn.

Zugegeben, ich folgte nicht immer dem Rad-"Umweg" sondern der gut ausgebauten und wenig befahrenden Landstraße.

Kurz darauf befand ich mich in einem winzigen Örtchen (mit schöner Brücke über die Lahn) wieder. Keine Ahnung wie das Nest heisst?

Es ist nicht mehr weit, bis zu meiner wohlverdienten Pause, welche ich jetzt auch wirklich nötig habe.


Bad Ems mit seiner imponierenden Uferpromenade und dem Casino.


Bad Ems habe ich noch in guter Erinnerung, als wir hier vor über 30 Jahren mal gerudert sind. 

Seitdem scheint sich nichts geändert zu haben. 

Selbst das Schwan- Tretboot gibt es noch! 

Nach dem Überqueren der Brücke finde ich den Thermal Heilbrunnen. Ich verzichte aber darauf das Wasser zu genießen. 

Da ich seit Limburg auf meinen Kaffee warte -- wird es jetzt Zeit. 

Zu Essen brauche ich immer noch nichts, denn meine Vorräte werden noch eine Weile anhalten.

Kaffee Pause in Bad Ems. Mit Blick auf die Lahn und das Casino.


Es sind nur noch wenige Kilometer, bis ich zur Mündung der Lahn gelange. Also mache ich mich bald auf und radele gemütlich die letzten Kilometer bis zur Mündung. 

Eine Wehmut hat mich ergriffen. Es ist jetzt schon der zweite Fluss den ich bis zum Ende (bzw. Weser Anfang) gefahren bin. Ich hänge vielen Erinnerungen, an Ruder- Wanderfahrten und vielen Paddeltouren auf der Lahn und anderen Gewässern, nach.


Lahnmündung bei Lahnstein recht unspektakulär.


Was solls? Es ist Mittag und ich wollte noch Koblenz anschauen.

Zur Abwechselung schmerzen jetzt die Handgelenke - dafür merke ich keine Schmerzen im Knie oder Fußgelenk mehr. 

Der Weg am Rhein entlang ist jetzt nicht soo schön auf dieser Seite. Zwischen Industriebauten und auf vollen Straßen balanciere ich zwischen Autos auf Kopfsteinpflaster der Rheinbrücke entgegen.

Nächster Halt: Deutsches Eck.


Blick auf Rhein Koblenz Deutsches Eck



Der Kaiser ist heute wegen einer Veranstaltung nicht zugänglich.


Glücklicherweise ist das Deutsche Eck gut ausgeschildert. Denn die Straßenführung ist verwirrend und immer im Kreis herum. Zu meinem Glück ist es erlaubt, in Schrittgeschwindigkeit, Fahrrad zu fahren. Was lustig ist, zwischen den Touristen aus aller Herren Länder (muss ich das Gendern?) Also: Aus aller Herr*Innen Länder.

Um ehrlich zu sein, geschoben hätte ich das Rad nicht - bis zur Mündung der Mosel.

Schnell das Foto und dann raus aus dem Trubel. Meine schöne Melancholie ist restlos unter den kitschigen Reiseandenken und billigem, aber dennoch teuer feilgebotenen Speiseangeboten zerbröselt. 

Mal wieder bin ich dankbar, dass ich kein Essen zu kaufen genötigt bin. Habe noch 2 Käse und eine Packung Wurst in meinen Packtaschen. Ist schon praktisch so einen vollen Kühlschrank gehabt zu haben.

Es wird immer später, aber heute kann ich noch locker ein paar Kilometer den Rhein herauf trödeln.

Dem Trubel entronnen befinde ich mich bald zwischen Rhein, Straße und Bahnschienen. 

Nach kurzer Fahrt beginnt der „Romantische Rhein“. Dies kann ich nur bestätigen. Allerlei Burgen und kleine Städte säumen den Weg. 

Ich halte nicht mehr an, um Fotos zu machen, solche befinden sich im Internet und dort haben diese auch eine viel bessere Qualität.

 Der Radweg ist in mehr oder weniger gutem Zustand aber ich komme gut voran.


Rhein Radweg


Der Rhein führt in diesem Jahr (2022) wenig Wasser. Das lässt mich mach schönen Strand oder Steinformationen am Wasser erkennen. Natürlich ist für mich die Schifffahrt und die Regeln auf dem Rhein auch sehr spannend zu beobachten. Als ehemaliger Niederrheiner kenne ich so starke Kurven, kleine Inseln oder enge Passstellen, wie sie rund um die Lorelei vorherrschen, nicht.

Sobald ein Campingplatz auftaucht, ergreife ich die Chance und buche mich ein. Der Campingplatz verfügt über ein Schwimmbad, welches ich aber auslasse. Stattdessen versorge ich mich mit ausreichend Getränken. Zum Glück bin ich kurz vor 19:00 Uhr am Kiosk, denn direkt nach mir verschloss dieser seine Pforten.

Heute Abend entscheide ich mich für eine Pizza auf dem Campingplatz. In der Zwischenzeit kann das Zelt schon mal trocknen. Von der mürrischen und verbraucht aussehenden Kellnerin bekam ich auf Nachfrage die Hausmarke empfohlen. Dieser Empfehlung ging ich nach, was sie (die Kellnerin) schon mal erfreute. Als dann eine Bestellung etwas auf sich warten ließ, am Nachbartisch, bot ich Ihr spontan einen Stuhl an. Dies ließ das Eis endgültig brechen und siehe da, Sie war doch recht freundlich und sogar ziemlich witzig - wenn man den rheinischen Humor als witzig empfindet.

Der Abend wird nicht sehr lang. Nach der Pizza und einigen Whats App an die Familie in Schweden bzw. Niederlande, versuchte ich mich, mittels Sonnenuntergang über dem träge dahinströmenden Rhein, an der Rheinromantik. 

- Klappte nicht, lag vielleicht auch an den Mücken. Das kann ich einfacher haben, also begab ich mich in mein Ego Hotel.

 

Sonntag Tag 7 (Rhein)

 

Loreley Felsen


Des Morgens hatte ich ausgiebig Zeit, denn nach der langen Etappe gestern, könnte ich quasi heute noch bis zu meinem Ziel in Frankfurt fahren. Nachdem ich aber lange genug herumgetrödelt habe, machte ich mich mit dem schon bekannten restfeuchten Zelt auf den Weg. Heute hatte ich keine allzu lange Etappe vor, denn ich hatte ja noch immer den Ersatztag. Trotz des halben Tags bei Weilburg.

Auf dem Radweg bemerkte ich bald, irgendwas ist anders heute. Anders Publikum, anderer Verkehr, andere „Stimmung“. Ach ja: Sonntag. Tatsächlich tummeln sich sehr viele sprichwörtliche Sonntagsfahrer auf dem Radweg.

Eine Truppe „Alte Herren“ radelt mal vor, mal nach mir, je nachdem wer wo Pause macht. Einer der Herren gibt dann immer fachlich klingende Kommentare ab. Da bin ich dann doch recht froh allein unterwegs zu sein, oder?

Aber am Rhein gibt es bekanntermaßen genug zu sehen. Ich besuchte einen der typischen kleinen Rheinorte um dort ein belegtes Brötchen und einen Kaffee bei einem Bäcker zu bestellen. Das wollte ich doch mindestens einmal machen, denn das scheint ja die typische Ernährung der Langzeitradler zu sein (Quelle: YouTube).  

Lustig zu beobachten war ein japanisches Ehepaar (tsuitachi statt: „Guten Morgen“) welches sich nicht so richtig mit dem Essen anfreunden konnte und mehrfach um die Bäckerei und um mich herumschlich. Nur um dann letztendlich trockenes Brot für Ihn und einen Kuchen für Sie zu bestellen. Ob das so geplant war? 

Als Auslandsmitarbeitender der GIZ kann ich in etwa nachvollziehen, was diese Touristen gedacht haben müssen. Denn dies ist eine Erfahrung, welche man öfter macht, ist man der Landessprache nicht mächtig. Ich meine. etwas zu bestimmtes zu bestellen oft nur mit Fingerzeigen und etwas anderes geliefert zu bekommen.

An der Loreley mache ich natürlich eine ausgiebige Pause. Beobachte die Schiffe und werde mal wieder von den alten Knackern überholt. Glücklicherweise sitzt ich außer Hörweite der Erklärungen vom Erklär- Bär.


Insel mit Burg  Pfalzgrafenstein bei Kaub

 

Nach aller der Romantik erreiche ich Bingen. Mit dem Mäuseturm.

Die Promenade ist nur für Fußgänger. Als ich diese (also die Promenade) in Schrittgeschwindigkeit entlangfuhr, der Radweg bog irgendwann unerkannter Weise ab, stürzte sich eine vornehme gekleidete Dame todesmutig vor mein Rad und lamentierte lautstark.

Derart verschreckt konnte ich mich nur noch für die Führsorge Ihrerseits bedanken. 

Absteigen konnte ich ja leider nicht, dann wäre ich bestimmt umgefallen! 

Also bin ich dann sozusagen im sitzrollen über eine Wiese gerutscht, um zu dem mutmaßlichen Radweg zurück zu kehren. Natürlich habe ich mich höflich für Ihren Hinweis bedankt und Besserung gelobt. Kann auch sein, dass ich Ihr einfach nicht lange genug zugehört habe?



Immer dem Rhein entlang.

Wir hatten Bingen vor kurzem mit der Familie besucht. Also fuhr ich mit dem Rad durch die Altstadt von Bingen. Tatsächlich entdeckte ich dieselbe Eisdiele wieder and auch andere Geschäfte. 

Nur die rechte Stimmung wollte sich nicht so richtig einstellen bei mir, was solls dachte ich darauf, dann fahre ich halt weiter und halte woanders an.


Bingen der Mäuseturm

Zurück auf dem Radweg, machte ich dann doch irgendwie nicht so richtig viele Pausen. Die Städte sind durch die Bahnlinie, die Straße oder eine Schutzmauer vom Radweg abgetrennt und auch zu eng, um mit dem Fahrrad befahren zu werden. Das Fahrrad unbewacht irgendwo abstellen möchte ich nicht und noch so eine „nette“ Dame wie in Bingen erspare ich mir!



Warten auf die Fähre nach Oestrich-Winkel


Die Kilometer spulen sich unter mir ab und eigentlich ist der Tag und das Wetter zu schön um schon heute im Hotel in Frankfurt einzuchecken. Da ich ja bislang nicht viel Geld ausgegeben habe, könnte ich ja in so einer schönen Stadt Pause machen und mir ein Abendessen gönnen. Ist ja so ne Art Urlaub für mich.

Nach Auskunft von Google befindet sich auf der anderen Rheinseite ein empfehlenswerter Campingplatz. Deshalb suche ich die nächste Fähre, welche glücklicherweise nicht lange auf sich warten lässt.

Später auf dem Radweg werde ich durch ein bewaldetes Auengebiet geleitet. Es ist der offizielle Radweg und führt an einem Rhein Altarm entlang. Der Weg wird immer schlechter und die Pfützen tiefer.  Es ist ein toller Weg aber nicht so toll für mich mit dem Gepäck am Rad. Andererseits, so hatte ich mir den Altrhein vorgestellt. Also Vorsicht mit den Wünschen, denn sie können wahr werden.

Es ging zwischen Schrebergärten und Angelstellen entlang, eigentlich recht idyllisch und wenig befahren. 

Irgendwo und irgendwann musste ich vor einer Brücke scharf abbiegen - was ich natürlich verpasste. Aber da war ich auch abgelenkt, denn es fand ein professioneller Skatebord Wettbewerb an dieser Stelle statt. Bewundernswert was die jungen Leute so alles zustande bringen. 

Das hat nichts mehr mit den Plastikbords gemeinsam, auf denen wir den Hügel am Gymnasium herunter gerollert waren, vor 40 Jahren! Oh Gott echt, 40 Jahre (!) - im Alter von 10 oder 12 Jahren haben wir das gemacht, ---  wo ist die Zeit geblieben?

Irgendwann später, der Weg war nur noch teilweise zu befahren, konnte ich andere Radler auf einer Art Damm erspähen. Sobald es mir möglich war, wechselte ich auf den Damm und konnte den gewohnten Asphalt genießen.


Auf der Rheinfähre


Auf der anderen Rheinseite angekommen kann ich glücklicherweise mit Hilfe des starken E Motors den Hang erklimmen. Bio- Biker sehen hier anders aus 😊 Die schieben.

Um zu dem Campingplatz in Geisenheim/ Rüdesheim zu gelangen, muss ich den Rhein wieder runter, der Strömung folgen.

Ich war recht früh auf dem Platz und die Mittagspause an der Anmeldung war noch nicht vorüber. Was mich nicht wirklich störte, so konnte ich es mir auf der bequemen Bank im Eingang des Platztes gemütlich machen und einen Müsliriegel essen. 

Zudem war mir ein netter small talk mit den Betreibern der Fassvermietung möglich. Das ist wörtlich gemeint, denn auf diesem Platz kann man tatsächlich in Weinfässern schlafen.

Nach dem Zeltaufbau (dieses kann ja schon mal trocknen) prüfte ich nur kurz, ob die Matratze auch weich ist?

Zwei Stunden später machte ich mich zu Fuß auf in die Stadt.

Noch immer hatte ich kein überbackenes Gyros. Die Auswahl der fußläufig erreichbaren Restaurants war jetzt nicht wirklich groß, so dass ich mich für ein Griechisch/Italienisch/ Indisches- Restaurant entschied. Meiner schon bewährten Taktik folgend, fragte ich die junge Bedienstete nach Ihrer Empfehlung.  Wer fragt… Also fand ich mich bald darauf vor einem indischen Spinat- Curry wieder und nicht vor dem erhofften Gyros. Aber dafür bestimmt gesund und es war tatsächlich sehr lecker!

Auf dem Weg zurück zum Campingplatz trödelte ich den Rhein entlang. Am Bootshaus und an anderen Stellen konnte man sich auf Wunsch bewirten lassen. Auch ein mobiler Weinstand zur Verköstigung stand am Rheinufer bereit. Diesen Leckereien konnte ich leicht widerstehen, hatte ich doch gerade erst gespeist. Es sieht aber alles sehr nett und einladend aus und direkt am Rhein ist gut zu sitzen.

Allerdings hatte ich heute keine Lust mehr, um mich mit den Zelt Nachbarn oder Rad- Kollegen rechts und links zu unterhalten, so dass ich recht schnell (nach der ausführlichen Dusche, mit dem Mini- Handtuch) im Zelt verschwunden war.

Heute Nacht regnete es mal wieder und ich ließ mich von den Regentropfen auf dem (dichten) Zeltdach in den Schlaf singen.

Zeltromantik am Rhein

So sieht es im Zelt aus, wenn aus draußen regnet. Zum Glück ist alles dicht und dank der dicken Folie ist es auch von unten trocken!

 

Montag Tag 8 und der letzte Tag meiner Rad- Reise. (Rhein & Main)

 Es erwarten mich die letzten 80 km bis Eschborn. Da ich ja gestern schon den Rhein überquert hatte, konnte ich mir den Umweg über die Brücke bei Wiesbaden ersparen.

Ein letztes Mal alles zusammenpacken. Endlich passt alles und ich hatte eine gewisse Routine fürs Packen erworben. Das Zelt, den Stuhl und den Tisch zusammen mit dem Schlafsack in den Packsack auf dem Hinterradträger. In den Fronttaschen befanden sich die „gute Kleidung“ für die Tagung. Rechts- Hinten Elektronik und Computer, sowie das Ladekabel für den Akku. Und nicht zu vergessen das dämliche Verlängerungskabel. Tonnen schwer und komplett unnötig. Wenn dieses Kabel nicht so schrecklich teuer ist hätte ich das längst …

Der Weg am Rhein entlang führte mich an wirklich schönen Städten vorbei. Leider habe ich mich in einer dieser Städtchen total verfahren.

Das geht tatsächlich.

Der Weg führt an einen Hafen, eine Brücke hoch und auf der anderen Seite des Hafens entlang. Mir schwante schon, dass ich jetzt in die falsche Richtung fahre, aber Google wird’s schon wissen. Nach einigen Hindernissen (das Misstrauen wächst) befinde ich mich (Surprise) an genau derselben Stelle wieder wie zuvor. 

Und wieder will Google mich in den Hafen senden. Ich schalte Google aus und fahre „der Nase nach“. Bis ich den Rhein Radweg wiederfinde. 

Nachdem ich Google wieder anschalte, finde ich heraus, dass ich versehentlich das gestrige Ziele eingegeben habe. Tja Technik ist halt nur so gut wie der USER! Aber immerhin habe ich so die tolle Brücke und einige schöne Blicke auf den Rhein und den Hafen erhaschen können.

Der Wechsel vom Rhein auf den Main Radweg ist unspektakulär.

Der Main Radweg führt mal am Wasser, mal durch Weinfelder. Der Weg ist gut ausgebaut und auch gut ausgeschildert.

Ein bisschen Stolz sei mir erlaubt. Mit dem Fahrrad von Bad Eilsen bis in die Weinberge am Main!

Allzu schnell nähere ich mich dem Ende der Tour und ich fahre neben einer Chemiefabrik über den Main und auf Eschborn zu. 

Der Weg entlässt mich in ein Industriegebiet, war jetzt landschaftlich nicht so toll.

Ein wenig später lande ich zwischen einer modernen Büroarchitektur. Lauter Hipster auf 6000 Euro Mountain Bikes, mit meinen verschwitzten Radklamotten, bin ich hier underdressed.

Endlich sehe ich den Hinweis nach Eschborn und Google leitet mich sicher zum Hotel.

In diesem werde ich sehr familiär aufgenommen.

Damit findet meine Reise ein vorläufiges Ende.


Sonnenuntergang in Eschborn.


Es grüßt Euch Oliver, wo auch immer Ihr gerade seit.


Natürlich ist auch dieser Bericht frei nacherzählt und alle Ähnlichkeiten mit Personen oder Orten sind rein zufällig und unbeabsichtigt.



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